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aus dem Archiv: Hochwasser vor 20 Jahren

Rekordniederschläge im nördlichen Schwarzwald ließen in der Nacht zum 29.Oktober 1998 das Flüsschen Oos bei Baden-Baden schlagartig ansteigen. In wenigen Stunden wurden zahlreiche Flächen im Stadtgebiet überflutet. Insgesamt kämpften etwa eine Woche lang ca. 950 Frauen und Männer des THW aus ganz Baden-Württemberg zusammen mit Feuerwehr, Bergwacht, DLRG, DRK und Soldaten der Bundeswehr und der französischen Streitkräfte gegen die Fluten aus Schlamm, Wasser und Geröll.

131 Liter Regen pro Quadratmeter, die im schmalen Flussbett der Oos ins Tal schossen, spülten 50 Meter der Geroldsauer Straße einfach weg. Versorgungsleitungen wurden schwer beschädigt, Brücken mitgerissen. Am Morgen des 29. Oktober 1998 waren die Stadtteile Oberbeuern und Geroldsau völlig von der Außenwelt abgeschnitten. Aufgrund der Schadenslage löste die Oberbürgermeisterin kurz nach Mitternacht Katastrophenalarm aus. Gegen ein Uhr heulten in Baden-Baden die Sirenen.

Aus dem Einsatztagebuch:

Mittwoch, 28.10.98
ca. 21.00 Uhr: In Lichtental und Geroldsau stehen erste Straßen und Keller unter Wasser. Die ersten THW-Kräfte unterstützen die Feuerwehr beim Pumpen und beim Befreien von Straßenabläufen von Laub. Gegen 23.00 Uhr erfolgte für alle Baden-Badener THW-Einheiten Alarm (OV-Stab, Schnelleinsatzgruppe, Technischer Zug und Fachgruppe Elektroversorgung).

Donnerstag, 29.10.98
gegen 0:00 Uhr Alarmierung der Fachgruppen Wasserschaden/Pumpen der OV Niefern und Offenburg. Die 2. Bergungsgruppe Baden-Baden erreicht als erste Hilfsmannschaft den Stadtteil Geroldsau. Dort retten die Helfer sieben Personen aus zwei Fahrzeugen, die von den Wassermassen eingeschlossen waren. Einer der PKW wurde wenige Minuten später von den Fluten mitgerissen. Die Helfer waren danach für ca. 14 Stunden in Geroldsau eingeschlossen. In dieser Zeit wurden sie von Anwohnern und einem Gastwirt zum Aufwärmen und Trocknen der Kleidung freundlich aufgenommen. 0:25 Uhr Katastrophenalarm. Kurze Zeit später wurde die Geschäftsstelle Karlsruhe informiert, die sofort den OV Karlsruhe alarmierte. Gegen 02:00 treffen die Pumpengruppen aus Niefern und Offenburg ein. Auf sie warteten die vollgelaufene Tiefgarage und ein Asylbewerberheim im Stadtteil Oos. Dort fiel nach Überflutung des Kellers die Heizungsanlage aus. Außerdem stand der Flughafen Baden-Baden unter Wasser. Am frühen Morgen wurde die Räumgruppe Freiburg alarmiert. Zusammen mit der Räumgruppe Karlsruhe, und den TZ Lahr und Biberach/Baden schaufelten sie die Zufahrten nach Geroldsau wieder frei. Dort bauten die Helfer auch einen Fußgängersteg, da ein Bach nach Verschüttung seines ursprünglichen Laufs über die Straße floss. Auch die Zufahrt der baden-württembergischen DRK-Blutspendezentrale wurde u. a. durch Kräfte des THW von Geröll und Schlamm befreit.
In der Innenstadt im Bereich des Kurhauses wurden die Mauern des Flussbetts der Oos mehrfach schwer beschädigt. Dadurch drohte ein Hotelanbau unterspült zu werden. In einer spektakulären Aktion wurde ein Helfer - am Kran gesichert - auf Betonquadern stehend ins Flussbett abgelassen, wo er die Gewichte vom Kranausleger löste. Jedoch riss ein vorbeitreibender Baumstamm diese Aushilfsmauer zwei Tage später wieder ein. Daher wurde ein erneutes Sichern der Schadensstelle durch ca. 6000 Sandsäcke nötig. Um 17.00 Uhr übernahm die FüKom Neuenbürg die THW-Einsatzabschnittsleitung. Im Laufe des Einsatzes wurde sie von Kräften aus Tübingen und Emmendingen abgelöst. Große Sorgen bereitete den Einsatzkräften eine Stützmauer, die von den Fluten umspült wurde und einzustürzen drohte. Zunächst wurde nach Hinzuziehung eines Bausachverständigen die Mauer abgestützt und ein Sandsackwall errichtet. Letzterer wurde jedoch unterspült, sodass ständig Nachbesserungsarbeiten nötig waren. Nach dem Einbau von Keschern (Faschinen) konnte aber auch diese Einsatzstelle ad acta gelegt werden.

Freitag, 30.10.98
Nach zwei Tagen Wasser im Keller drohte ein Haus, das auf Naturboden gebaut wurde, einzustürzen. Durch umfangreiche Abstützmaßnahmen im Keller und Erdgeschoss wurde das Haus gerettet. Schwer in Mitleidenschaft gezogen wurde auch eine Dreifachgarage, die schon zu einem Fünftel unterspült war. Sie drohte in den immer noch reißenden Fluten des Grobbachs zu versinken. Es wurde schon erwogen, das Gebäude aufzugeben, jedoch wurde es von einem TZ unterstützt durch eine FG Räumen mit Hilfe großer Gesteinsbrocken und Sandsäcken gesichert.


Samstag, 31.10.98
Über den ganzen Tag liefen Sicherungsmaßnahmen an Häusern, Mauern, Brücken und Böschungen, die mit Sandsäcken und Holzkonstruktionen durchgeführt wurden. Auch wurde die eingestürzte Aushilfsmauer am Kurhaus wieder gerichtet. Einige Meter weiter war die Flussbettmauer erneut unterspült. Hier lagen Versorgungsleitungen, die beim Einsturz der Mauer zerstört worden wären. Diese Stelle wurde in Zusammenarbeit mit der Bergwacht und der DLRG mit Hilfe von Kranausgleichsgewichten und Sandsäcken gesichert. Nachmittags erfolgte die Alarmierung der FG Brückenbau des OV Müllheim. Deren Auftrag war der Bau einer D-Brücke über den Grobbach. Das ursprüngliche Bauwerk wurde durch das Hochwasser total zerstört. Noch am gleichen Tag begannen die Vorbereitungen. Kritisch waren auch hier Versorgungsleitungen im Bereich der Brückenfundamente, die nicht zerstört werden durften.

Sonntag 01.11.98
Schwerpunkte am letzten Tag des Katastrophenalarms war zum einen der Bahnhof Baden-Baden. Dort hinterließen die Wassermassen zwanzig Zentimeter hoch Schlamm auf einem Parkplatz. In Zusammenarbeit mit städtischen Angestellten, die mit einem Schlammsaugwagen angerückt kamen, wurden mit Hilfe von Bergungsräumgeräten über fünfzig Kubikmeter Schlamm entfernt. Ein weiterer Schwerpunkt war die Uferböschung bei einer Seniorenresidenz. Diese war auf einer Länge von etwa 25 Metern weggespült. Sie musste mit mehreren tausend Sandsäcken in Handarbeit gesichert werden. Den aufwendigsten Einsatz hatte die Brückenbaugruppe aus Müllheim zu bewältigen. Am Mittag begannen sie bei strömendem Regen mit dem Bau der 21 Meter langen, 3.5 breiten D-Brücke. kurz vor Mitternacht konnten sie das 30 t tragende Bauwerk fertig stellen. Im Laufe der folgenden Woche goss die Stadt die Brückenfundamente und Auffahrtsrampen, sodass das Viadukt für den Straßenverkehr zur Verfügung stand. Diese Brücke ist vom Stadtgebiet aus die einzige Verbindung zu mehreren Häusern, einem Restaurant und einem großen Teil des Stadtwaldes. Letzterer wurde durch das Hochwasser ebenfalls stark in Mitleidenschaft gezogen. Daher standen auch nach Aufhebung des Katastrophenalarms am Sonntag 12.00 Uhr noch je zwei Helfer für eine Woche dem Forstamt zur Verfügung. Mit Bergungsräumgerät und Kipper mit Ladekran wurden die größten Gefahrenherde wie umgestürzte oder unterspülte Bäume und Treibholz entfernt.


Bilanz
Insgesamt waren an vier Katastrophentagen ca. 950 THW-Helferinnen und Helfer aus 25 verschiedenen Ortsverbänden zwischen Basel und Heidelberg im Einsatz. Dies waren Achern, Biberach/Bd., Bühl/Bd., Dettenheim, Donaueschingen, Emmendingen, Freiburg, Freudenstadt, Heidelberg, Karlsruhe, Kehl, Lahr, Mühlacker, Müllheim, Neuenbürg, Niefern, Oberhausen, Offenburg, Pforzheim, Rastatt, Trossingen, Tübingen, Waghäusel, Wiesloch und Baden-Baden.


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